Offener Brief – Zusammenarbeit statt Ideenklau

Man möchte meinen, dass die Zusammenarbeit in einem Stadtrat zum Wohl der Stadt, fair und respektvoll sein sollte. Im Eifer des Gefechtes gehen hier offensichtlich Grundwerte des Anstandes verloren. Mehrfach mussten wir uns seit Beginn dieser Legislaturperiode darüber ärgern, dass unsere eigenen Regeln – in Form der Geschäftsordnung – missachtet werden, mit dem offensichtlichen Ziel möglichst gut in der Presse dazustehen. Man schreckt weder vor „Ideenklau“ noch vor „Überraschungs-Angriffen“ zurück.
Jetzt reichts uns – und wir haben einen offenen Brief an die Kolleg*innen im Stadtrat und die Presse geschickt.
Die Angesprochenen finden den Brief „überzogen“ und „man müsse doch nicht gleich an die Öffentlichkeit damit gehen“ …
Lest selber:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stephan Schlier,
sehr geehrte Kolleg*innen im Stadtrat,

der Beginn dieser Legislaturperiode war geprägt von Aussagen wie „gemeinsam für Bad Aibling“, „ein neues Kapitel aufschlagen“ usw.. In der vorberatenden Fraktionssprecherrunde zur Ausgestaltung der Geschäftsordnung war eine der Zielsetzungen, ein möglichst effektives und sachliches, nicht durch Populismus und Effekthascherei geprägtes Arbeiten in den Gremien zu ermöglichen.

Eine Rahmenbedingung, die wir aus diesem Grund gemeinsam dafür gewählt haben, ist in §26 der Geschäftsordnung zu finden: Danach sollen Anträge spätestens 14 Tage vor der Sitzung schriftlich gestellt und digital übermittelt werden. So wollten wir vermeiden, dass Anträge möglichst pressewirksam am Ende einer Sitzung vorgestellt werden – und damit sowohl der Verwaltung als auch den anderen Fraktionen eine wie auch immer geartete Reaktion erschwert wird.

Die erste „Nichtbeachtung“ dieser Absicht erfolgte durch den CSU-Fraktionssprecher gleich in der ersten Sitzung mit dem Antrag auf die Schaffung einer Stelle für Öffentlichkeitsarbeit. Auf meine Nachfrage wurde dies als „Versehen“ eingeordnet.

Nun stellen wir fest, dass es offenbar wieder Usus wird, Anträge nach altem Muster einzureichen – und dies offensichtlich auch aus den skizzierten Gründen.

Der aktuell hoch pressewirksam gestellte Antrag der CSU auf Prüfung, ob der Bahnhof als neues Domizil für die Jugendinitiative Mangfalltal e.V. geeignet sei, ist komplett redundant. Denn Richard Lindl hatte bereits in der März-Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Stadtentwicklung und Gesamtverkehrsplanung genau diesen Prüfauftrag mündlich formuliert, und in dieser Sitzung wurde die Überprüfung auch durch Herrn Roßtäuscher in Aussicht gestellt. Herr Schlier dagegen war der Meinung, dass die JIMis derzeit gut untergebracht seien.
Eine Kontaktaufnahme seitens der CSU zur Jugendinitiative Mangfalltal fand im Vorfeld unseres Wissens nicht statt.

Auch von anderen Fraktionen kommen immer wieder Anträge direkt in der Sitzung, so z.B. der Antrag der ÜWG auf Vorverlegung des Sitzungsbeginns.

Ich kann bereits ahnen, welche Argumentation nun seitens genannter Fraktionen bemüht werden wird. „Es handelt sich nur um eine Soll-Vorschrift“ oder „Es steht euch doch frei, das Gleiche zu machen“.

Was passiert aber letztendlich, wenn man sein Handeln nach dem der anderen ausrichtet? Die aus gutem Grund vereinbarten Regelungen werden überflüssig. Es entsteht ein Wettstreit zwischen den Fraktionen, ein Wetteifern zwischen den Stadträt*innen – und zwar nicht um den besten, sondern um den öffentlichkeitswirksamsten oder den überraschendsten Antrag. Das eigentliche Ziel, die bestmöglichen Entscheidungen für unser Bad Aibling zu treffen, rückt damit in den Hintergrund; gutes, faires Zusammenarbeiten wird auf diese Weise erschwert, Zusammenarbeit wird zum Frust- statt zum Erfolgsfaktor.

Aber wir haben auch schon erfahren, wie gegenseitige Anerkennung stattfinden und was sie bewirken kann.
Ob es die PV-Anlage über dem Parkplatz am Bahnhof, die Schaffung einer Stelle für Öffentlichkeitsarbeit oder anderer Zuspruch zu div. Vorschlägen ist:
– Dann kann die Idee da bleiben, wo sie entstanden ist,
– dann können zielführende gute Gespräche auch außerhalb des Sitzungssaales stattfinden
– und die gemeinsame Arbeit kann Spaß machen,
– und vor allem wirksam für unser gemeinsames Ziel sein.

Insofern hoffe ich, dass für die künftige Zusammenarbeit im Stadtrat die Zielsetzung „gemeinsam für Bad Aibling“ wieder mehr in den Vordergrund rückt.

Herzliche Grüße
Martina Thalmayr