Einführung eines Mehrwegsystems

Das Thema ist für uns nicht neu. „Alles ToGo“ – vom Kaffee bis zum Schweinsbraten – gerade in Corona Zeiten nimmt der Verpackungsmüll für Speisen und Getränke enorm zu. Auch wenn inzwischen Einweg-Plastikverpackungen nicht mehr erlaubt sind bleibt es dabei: Der beste Müll ist der der nicht entsteht.
Darum ist der Einsatz von Mehrwegbehältern in der Gastronomie ein logischer Schritt, den der Gesetzgeber ab 1.1.2023 auch einfordert.

Die CSU Stadtratsfraktion hat kürzliche einen Antrag eingebracht um die Einführung eines Mehrwegssystems in Bad Aiblinger Gastronomen zu unterstützen: „Mitteleinstellung zur Unterstützung der örtlichen Gastronomie bei der Einführung eines Mehrwegsystems
10.000 Euro sollen als Anschubfinanzierung in den Haushalt eingestellt werden um den Gastronomen mit je max.150 Euro unter die Arme zu greifen – damit sie für die gesetzliche Anforderungen ab 2023 auch gerüstet sind. Zusätzlich wirbt die Stadt für die Aktion.

Die Einführung eines Mehrwegsystems ist auch aus unserer Sicht eine absolut sinnvolle Maßnahme – und auch zum richtigen Zeitpunkt. Allerdings haben wir doch andere Vorstellungen wie es gelingen kann:

Hier unser Änderungsantrag:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates,

wir begrüßen die Unterstützung der CSU-Fraktion, Verpackungsmüll im To-Go-Geschäft der Gastronomie zu reduzieren, sehr. Die Einführung eines Mehrwegsystems ist hier ohne Frage das probate Mittel. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass die vorgeschlagene Übernahme der Grundgebühr im ersten Jahr (Anschubfinanzierung) nur bedingt zielführend ist und schlagen deshalb folgende alternativen Maßnahmen vor:

  • Informationsveranstaltung Anfang 2022 seitens der Stadt zur Information und zum Austausch der beteiligten Gastronom*innen und Einzelhänder*innen (inkl. Metzgereien, Bäckereien etc.)
    • Vorstellung möglicher Mehrwegsysteme am Markt mit jeweiligen Benutzerplattformen, Abstimmung eines möglichst einheitlichen Systems der teilnehmenden Betriebe.
    • Erfahrungsberichte von Gastronom*innen mit den verschiedenen Systemen und Methoden.
    • Informationen zu gesetzlichen Anforderungen und Handhabung bei Befüllung von mitgebrachten Mehrwegbehältnissen.
    • Austausch über Möglichkeiten werbewirksamer Hinweise an Schaufenstern, Eingangsbereichen o.ä.
  • Begleitende Öffentlichkeitsarbeit
    • über den Zeitraum von mindestens einem Jahr
    • in Print- und Online Medien sowie den sozialen Netzwerken
    • zielgruppenspezifische Ansprache zur Motivation von:
      – Gastronom*innen und Einzelhändler*innen
      – Endverbraucher*innen
  • Begleitende Marketingaktionen – auch als Anreiz für Gastronom*innen und Einzelhänder*innen.
    Beispiele:
    – Vorstellung der Aktion und der einzelnen Betriebe auf jeweils ½ Seite im Stadtjournal.
    – Großflächenwerbung über die teilnehmenden Betriebe rollierend in der Stadt über ein begleitendes erstes Jahr.

Begründung:

Durch die Novelle des Verpackungsgesetzes sind Betreiber*innen von Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs oder To-Go-Getränke verkaufen, ab 1. Januar 2023 verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Die Mehrwegvariante darf dabei nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverpackung. Imbisse, Spätkauf-Läden und Kioske, in denen insgesamt fünf Beschäftigte oder weniger arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben, können die Pflicht auch erfüllen, indem Sie dem Endverbraucher*innen anbieten, die Waren in von diesem zur Verfügung gestellten Mehrwegbehältnisse abzufüllen (http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s1699.pdf).

Nicht nur in der Gastronomie, sondern auch im Einzelhandel fallen große Mengen Verpackungsmüll an. Diese können analog zu den Vorschriften im neuen Verpackungsgesetz durch mitgebrachte Behältnisse oder durch ein Mehrwegsystem deutlich verringert werden.

Einsparungen für die Stadt

Auch die Stadt Bad Aibling selbst kann durch die schnelle Umstellung von Gastronomie und Einzelhandel Geld einsparen: Laut einer Studie des Verbands kommunaler Unternehmen (2020) zahlen die Städte und Gemeinden in Deutschland jährlich rund 700 Millionen Euro, um Parks und Straßen von Zigarettenkippen, To-Go-Bechern und anderen Einwegplastik-Produkten zu reinigen sowie öffentliche Abfallbehälter zu leeren und die Abfälle zu entsorgen. Für die Entsorgung von To-go-Bechern aus Plastik fallen rund 120 Millionen Euro pro Jahr an.

Mitgebrachte Mehrwegbehälter

Die nachhaltigste Verpackungslösung ist die Möglichkeit, mitgebrachte Mehrwegbehältnisse zu befüllen. Dies spart Ressourcen, da Haushalte bereits vorhandene Gefäße mitbringen können und keine neuen Pfandgefäße produziert werden müssen. Dieses Angebot können alle Gastronom*innen und Einzelhänder*innen unabhängig von der gesetzlichen Vorschrift einführen. Zum hygienischen Umgang mit diesen Behältnissen gibt es einschlägige Leitfäden, beispielsweise vom Lebensmittelverband Deutschland e.V. Hier sind auch die Hygienevorgaben in Pandemiezeiten beschrieben (https://www.carmen-ev.de/2021/05/25/nachhaltig-verpackt-mehrwegsysteme-fuer-die-gastronomie/).

Diese Möglichkeit bietet zudem Einsparmöglichkeiten für den Betrieb, da beim Mitbringen eigener Gefäße weder Kosten für eine Einwegverpackung noch für eine Mehrwegverpackung anfallen.
Kleinere Betriebe können durch das Angebot des Befüllens mitgebrachter Behälter auch die Anforderungen der Novelle des Verpackungsgesetzes erfüllen (s. o.).

Mehrwegsystem

Wo gesetzlich vorgeschrieben – insbesondere in der Gastronomie mit Ladenfläche größer 80 m2 und mehr als 5 Beschäftigten – ist die Einführung eines einheitlichen Mehrwegsystems für Bad Aibling sinnvoll. Dies ist ohne Anschubfinanzierung möglich, da die Systemkosten nicht höher sind als die Einweg-Verpackung. Es muss lediglich ein einheitliches Mehrwegsystem gewählt werden, das keine Grundgebühr kostet (siehe: https://www.carmen-ev.de/wp-content/uploads/2021/05/C.A.R.M.E.N.-Marktuebersicht-Bowl-Mehrwegsysteme.pdf).

Versuch, Mehrwegsystem Recup einzuführen

Der Versuch unserer Klimaschutzreferentin Katharina Dietel, das System Recup flächendeckend in Bad Aibling zu etablieren, scheiterte vor ein paar Jahren an mangelndem Interesse aufgrund der dafür fälligen Grundgebühren. Inzwischen gibt es einige Systeme, die ohne Grundgebühr arbeiten.
Im Bereich Essen To Go sind inzwischen mehrere Anbieter*innen auf dem Markt. Seit kurzem kooperieren verschiedene Anbieter*innen, um gemeinsame digitale Plattformen für die Ausleihe anzubieten.
Es ist absolut sinnvoll, wenn sich Bad Aiblinger Gastronom*innen und Einzelhänder*innen absprechen, welche Systeme zum Einsatz kommen können, auch um eine größtmögliche Akzeptanz bei den Endverbraucher*innenn zu erreichen.

Erfahrungen in Bad Aibling

In Bad Aibling gibt es bereits Unternehmen mit ersten Erfahrungen im Bereich Mehrwegsystem, z. B.:
Relevo (To-Go-Behälter für Speisen, ohne Grundgebühr für Unternehmen): Das Steffens
Recup (To-Go-Becher, mit Grundgebühr für Unternehmen): Café Lotte, Denn’s, Gartenküche, Natur Pur
Befüllen mitgebrachter Behälter: Steffens, Natur Pur, Da Santino, Madadam Grillhaus, Arnolds

Das Ziel einer Informationsveranstaltung und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Bad Aibling ist, diese Erfahrungen zu bündeln, um ein einheitliches Mehrwegpfandsystem einzuführen und gemeinsam unter demselben Label für den Einkauf mit mitgebrachten Mehrwegbehältnissen zu werben.

Die Marketingaktion wird die Umstellung für Gastronomie und Einzelhänder*innen attraktiv machen und bietet zudem die Möglichkeit, die Bevölkerung zu informieren und einzubinden.

Wir bitten unsere erweiternden Vorschläge separat zur Abstimmung in die Beschlussvorlage mit aufzunehmen.

Herzliche Grüße

Martina Thalmayr
im Namen der grünen Fraktion