Gegen Ausbeutung und Kinderarbeit – Wo kommt der Granit im Straßenbau her?

Kinderarbeit in Steinbrüchen
(c) Benjamin Pütter, Misereor

Durch die Negativschlagzeilen, die das Lieferkettengesetz der EU derzeit macht, bekommt unser Antrag zur Wiederverwendung und Beschaffung von Bord- und Randsteinen im Straßenbau unerwartet besondere Aktualität.
Zwei Stimmen (9:12) haben uns im letzten Jahr zum Erfolg gefehlt. Die Gegenargumente aus der CSU, zu viel Bürokratie, „Knechtung der Wertschöpfung“ und der Verweis auf die Wirksamkeit des Lieferkettengesetzes. Nur, derzeit wird das Lieferkettengesetz der EU durch die FDP blockiert und droht zu scheitern. Damit werden deutsche Betriebe, die durch das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet sind, einem unfairen Wettbewerb auf europäischer Ebene ausgesetzt. Ab 1. Januar 2024 gilt nach deutschem Recht nämlich, dass Betriebe mit mindestens 1.000 Beschäftigten Verantwortung übernehmen müssen für die Einhaltung der Menschenrechte entlang ihrer globalen Lieferketten. Dazu gehören der Schutz vor ausbeuterischer Kinderarbeit, Arbeits- und Gesundheitsschutz und Umweltschutz.
Erfahrene Exportnationen wie Frankreich, Schweden, Dänemark, Belgien und die Niederlande stimmen dem EU-Lieferkettengesetz zu.
Die Lieferkettengesetze bilden den gesetzlichen Rahmen, der beispielsweise durch Fairtrade-Zertifizierung ausgefüllt werden kann – die einfachste Methode für Unternehmen.


Antrag 1: Ausbau der Dekan-Albrecht-Straße und Birkenstraße

„Beschluss über die Auftragsvergabe zum Ausbau der Straße und des Kanals in der Dekan-Albrecht-Straße einschließlich Birkenstraße“

1.1: Bord- und Randsteine aus Granit werden zum Zweck der Wiederverwendung zwischengelagert.

1.2: Zumindest perspektivisch (weil die Ausschreibung schon beendet ist) wird hinsichtlich zukünftiger Ausschreibungen und Beschaffungen erfragt, woher neue Bord- und Randsteine aus Granit von den bietenden Baufirmen über ihre Lieferanten bezogen werden; hier nach der Beschlussvorlage von der Firma XY.

Zu Antrag 1.1: Granit ist ein beliebter, weil harter, witterungs- und frostbeständiger Stein im Straßenbau. Er kann unbegrenzt lange genutzt und wiederverwendet werden. Gebrauchte Steine könnten also sowohl vom Bauhof für kleinere Bauarbeiten, wie auch von beauftragten Firmen wiederverwendet werden. Auf dem Friedhof für den geplanten Bau und die Sanierung der Wege und im Garten- und Landschaftsbau für den Bedarf von Stadtgärtnern und Kurparkgärtnern kann dann eigener gebrauchter Granit eingesetzt werden.
Ein geeigneter Lagerplatz muss dazu bestimmt und eingerichtet werden.
Die Wiederverwendung gebrauchter Steine ist ressourcen- und umweltschonend und kann Kosten sparen.

Zu Antrag 1.2: Zur Einführung eines neuen „Fairtrade-Kriteriums Granit“ in den Ausschreibungen für Straßenbau ist es sinnvoll, in einem ersten Schritt Gespräche zur Markterkundung mit Baufirmen zu führen, um zu erfahren über welche Lieferanten und Lieferketten regionale Tiefbaufirmen Granit beziehen.

Antrag 2: Grundsatzantrag

Für die Verwendung von Granitstein im Straßenbau und allgemein von Natursteinen im Hoch- und Tiefbau, werden zukünftig bei Ausschreibungen und Beschaffungen die anerkannten Fairtrade-Zertifikate „FairStone“ oder „XertifiX“ verlangt. Alternativ muss die europäische Herkunft von Naturstein in der Lieferkette nachgewiesen werden.

Zu Antrag 2: Jeden Tag laufen wir über Pflastersteine, überall in den Straßen sind Rand- und Bordsteine verbaut. Auf unserem Marienplatz bis hinein ins Rathaus wurde Granitpflaster aus der Oberpfalz verlegt. So können wir sicher sein, dass verlässlich Arbeitsplatznormen zur Sicherheit im Steinbruch und bei der Bearbeitung des Steins eingehalten werden, vernünftige Bezahlung und Maßnahmen zum Umweltschutz die Regel sind. Der Transportweg ist kurz und die Lieferkette transparent.

Ein erheblicher Teil an Natursteinen stammt allerdings aus außereuropäischen Importen. Die Außenhandelsstatistik legt nahe, dass dabei ein sehr hoher Anteil von Natursteinprodukten auch aus Steinbrüchen in Ländern mit extrem problematischen Arbeitsbedingungen stammt, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen nicht auszuschließen sind.

Vor allem für Steine aus Indien ist Kinderarbeit nicht auszuschließen. Hungerlöhne sind üblich, sodass Familien auf ein zusätzliches Einkommen der Kinder angewiesen sind. Unsichere und ungesunde Arbeitsbedingungen durch hohe Staubbelastung, Schwerstarbeit bei fehlenden Sicherheitsmaßnahmen und fehlender Schutzkleidung, extreme Temperaturen und Mangel an Trinkwasser sind verbreitet. Auch moderne Sklaverei durch Schuldknechtschaft, die auch auf Kinder übertragen wird, ist noch häufig.
Um Kinderarbeit und gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen zu bekämpfen, ist es essenziell soziale Standards zu fordern.

Sowohl in Indien wie auch in China gibt es Steinbrüche, die in Bezug auf soziale Arbeitsstandards mit deutschen und europäischen Steinbrüchen vergleichbar sind. Diese Betriebe werden durch Fairtrade-Standards profitieren und sind in Zukunft für den Handel mit Europa gut aufgestellt.

Herkunft Natursteine

Abbildung 1: Weed-Studie 2020, Daten aus Außenhandelsstatistik WA6802, 2018

Natursteinlieferkette

Natursteinlieferkette

Abbildung 2: Weed-Studie 2020, Beispiel für eine unkontrollierte Lieferkette

Aufgrund des hohen Volumens öffentlicher Bauinvestitionen kommt der öffentlichen Hand eine besondere Verantwortung zu. Mit den Reformen im Jahr 2016 ermöglicht das Vergaberecht, sowohl für direkte Lieferleistungen von Natursteinen als auch für die Vergabe von Bauaufträgen mit Natursteinprodukten, grundsätzlich die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Nachhaltigkeitskriterien.

Weiterführende gesetzliche Grundlagen durch das Lieferkettengesetz, initiiert vom ehemaligen CSU-Minister Gerd Müller, treten stufenweise in Kraft.
Auf der Internetseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist zu lesen:
Menschenrechte schützen
Millionen Menschen leben weltweit in Elend und Not, weil soziale Mindeststandards wie das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit missachtet werden. 79 Millionen Kinder arbeiten weltweit unter ausbeuterischen Bedingungen: in Textilfabriken, Steinbrüchen oder auf Kaffeeplantagen – auch für unsere Produkte. https://www.bmz.de/de/themen/lieferkettengesetz

Die Steinmetz-Innung München-Oberbayern unterstützt den Verkauf von Steinen, die garantiert ohne ausbeuterische Kinderarbeit produziert wurden seit langer Zeit. Sie bewirbt die Gütesiegel XertifiX und FairStone. In einer Liste werden Mitgliedsbetriebe, auch im Landkreis Rosenheim, aufgeführt, wo Trauernde beim Kauf von „sauberen“ Grabsteinen und anderen Natursteinen beraten werden.

Im Namen der GRÜNEN Fraktion
Anita Fuchs
Stadträtin

Quellen

Weed-Studie 2020: https://www.weed-online.org/publikationen/10866702.html

Steinmetz-Innung München-Oberbayern: https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:ba24caac-49b3-4b5b-be00-53d4ac162fe8/leitfaden_gegen_kinderarbeit.pdf

Kompass Nachhaltigkeit für Kommunen: https://www.kompass-nachhaltigkeit.de/produktsuche/naturstein?sort=